Dienstag, 29. November 2022

Emotionaler Missbrauch im Gesangsunterricht







Letztens stieß ich auf einen Artikel von David L. Jones zum Thema "Emotionaler Missbrauch im Gesangsstudio". Unter anderem behandelt der Artikel die Frage, warum emotionaler Missbrauch bei Gesangslehrern so verbreitet sei. Beim Lesen des Artikels wurde mir immer klarer, dass ich genau das erlebt hatte - über 7 Jahre. Man kann es benennen und es einordnen.  Aber beginnen wir von vorne, mit der Erklärung der Begrifflichkeiten.

Was ist emotionaler Missbrauch?

Unter emotionalem Missbrauch (auch bekannt als emotionale Gewalt, psychische Gewalt oder seelische Gewalt) versteht man einen Prozess, in dem ein  Täter durch verschiedene Mittel ein Opfer misshandelt, herabwürdigt und verletzt, dabei aber überwiegend auf körperliche Gewalt verzichtet.

Unter psychischer Gewalt versteht man eine „sprachlich vermittelte Gewalt“. Konkret gemeint ist „jene geistigen Gewaltakte und Sprechhandlungen, die z.B. im Anschreien, in der Beschimpfung, Beleidigung, Verleumdung, Diskreditierung, Herabwürdigung, Missachtung, Abwertung, im Ignorieren und Lächerlichmachen bis hin zu Demütigung und Rufmord bestehen“(1) Nach D. Olweus (2) ist Gewalt das Zufügen negativer Handlungen: „Es liegt eine negative Handlung vor, wenn jemand absichtlich einem anderen Schmerz, Verletzungen oder Unannehmlichkeiten zufügt oder es versucht.“. In (40) wird beschrieben:

Psychische Gewalt ist demnach als Verletzung der Persönlichkeit oder der seelischen Gesundheit zu  verstehen. Bei psychischer Gewalt geht es jedoch nicht darum, sich kurzfristig „Luft zu machen“, sondern der Täter verfolgt dabei meist folgende Hauptziele:
  • Macht
  • Kontrolle
  • Dominanz
Dabei versucht der Täter den Kern der Persönlichkeit des Opfers anzugreifen oder zu zerstören. Als Mittel hierfür werden genutzt:
  • Beschimpfungen und Abwertungen
    Ziel ist es, das Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein des Opfers zu zerstören, die geistige Gesundheit leidet, der Betroffene beginnt, am eigenen Wert und an der eigenen Identität zu zweifeln. Auch Diffamierungen in der Öffentlichkeit gehören zu den Ausprägungen der psychischen Gewalt.
  • Liebesentzug
    In dem gesetzten Kontext kann das auch den Entzug der Aufmerksamkeit bedeuten, beispielsweise das Verweigern des Unterrichts, bis der Schüler ein gewünschtes Unterwerfungsverhalten zeigt.
  • verbale Manipulation dient vor allem der Verunsicherung des Opfers.
    Dazu gehören "Diagnosen von psychischen Störungen" ("Du bist dem autistischen Spektrum zuzuordnen".), bis hin zu Gaslighting ("Du bist verwirrt, Du bildest Dir das ein, dass ich das gesagt habe...")
  • Ablehnung
  • Isolierung
  • Demütigung
    Öffentliche Berichte über gemachte Fehler gegenüber Dritten 
  • Verunsicherung
    Dazu kann auch das gezielte unter Druck setzen in Proben, bis das Opfer versagt
  • Drohung
  • Belästigung/Terror
  • Abwertung
Emotionaler Missbrauch gilt wissenschaftlich und psychotherapeutisch als nur wenig untersucht und ist selten Gegenstand in öffentlichen Diskussionen. Ein Grund dafür ist, dass er im Vergleich zu anderen Gewaltformen schwerer festzustellen bzw. zu identifizieren ist.

Ist psychische Gewalt strafbar?

Da psychische Gewalt in vielen Facetten ausgeübt werden kann, können die verschiedensten Straftatbestände verwirklicht werden. In Frage kommen kann beispielsweise eine Strafbarkeit nach:
§ 241 StGB (Bedrohung)
§ 253 StGB (Erpressung)
§ 238 StGB (Nachstellung, auch als „Stalking“ bekannt)
§ 185 StGB (Beleidigung)
§ 186 StGB (Üble Nachrede)

Weiterhin gibt es das sogenannte Gewaltschutzgesetz, durch das auch die psychische Gewalt erfasst wird - allerdings nur in abgegrenzten Kontexten wie z.B. häuslicher Gewalt.

Eine Petition (41) emotionalen Missbrauch bzw. psychische Gewalt als Straftatbestand zu betrachten scheiterte allerdings im Jahre 2020. Dort heißt es:

Emotionaler Missbrauch hat für ein Opfer schwerwiegende Folgen, die mindestens so schlimm sein können wie zum Beispiel bei einer rein körperlichen Misshandlung. Bei Kindern und Jugendlichen kann dieser zu schweren Entwicklungsstörungen führen und auch bei Erwachsenen können ein psychisches Trauma, Depression, Hilflosigkeit, Angst und PTBS als Folge eines emotionalen Missbrauchs und der seelischen Verletzungen entstehen.

Anders in Frankreich; dort wurde psychische Gewalt bereits als Straftatbestand aufgenommen und bisher mit bis zu 3 Jahren Haftstrafe bemessen (auf Grundlage psychologischer Gutachten).

Red Flags - Indikatoren für emotionalen Missbrauch

Beispiele für emotionalen Missbrauch zu kennen hilft dies überhaupt erst als solchen zu erkennen. Der Missbrauch hält nicht selten an, weil die Opfer die Schuld an der Situation bei sich suchen, bzw. dahin manipuliert werden, das zu tun. Patricia Evans beschreibt vieles davon in (36).

Gaslighting

Der Gaslighter leugnet, Ihnen absichtlich wehgetan zu haben. Er leugnet, bestimmte Dinge überhaupt gesagt oder getan zu haben. Kurzum: er leugnet Ihre Realität und Ihre Wahrnehmung. Die Folge ist, daß Sie Ihrer eigenen Wahrnehmung beginnen zu misstrauen.

Gaslighting bringt Sie geistig oder emotional aus dem Gleichgewicht, so dass Sie leichter zu kontrollieren sind. Missbraucher führen Gaslighting auf viele Arten durch. So kann er/sie z. B. etwas sagen und dann schwören, dass er/sie das Gegenteil gesagt oder es gar nicht gesagt hat, und behaupten, Sie seien verrückt, labil, unausgeglichen, vergesslich, hätten es auf ihn/sie abgesehen, usw.

Sie lernen, an Ihren Wahrnehmungen zu zweifeln, denn jedes Mal, wenn Sie sagen: "Der Himmel ist blau", sagt der Täter: "Der Himmel ist grün". Mit der Zeit werden Sie so weit gehirngewaschen, dass Sie einen grünen Himmel akzeptieren! Der Gaslighter gibt Ihnen das Gefühl, dass Sie der/die Verrückte sind.

Gaslighter stören den Frieden mit körperlicher Gewalt oder einschüchterndem Verhalten, das darauf abzielt, Sie zutiefst zu ängstigen. Man weiß nie genau, wann er ausbricht, so dass die Angst ein großes Thema wird. Im Nachhinein stimmt seine Geschichte nicht mit der Ihren überein, aber er beharrt so überzeugend darauf, dass Sie glauben, die Ereignisse seien nicht so schlimm gewesen, wie Sie sich erinnern.

Gaslighter geben Ihnen viele Gründe, sich aufzuregen, gestresst und wütend zu sein, sagen Ihnen aber, dass Sie sich ein Drama einbilden, wo keines ist, und dass Sie keinen Grund haben, wütend zu sein. Der Gaslighter könnte zum Beispiel sagen, dass Sie aus einer Mücke einen Elefanten machen, dass Sie sich in etwas hineingesteigert haben, oder eine Drama-Queen sind.

Gaslighter versuchen zu definieren, wer Sie sind, was Sie tun, was Sie fühlen und was Sie denken, ohne Ihnen Fragen zu stellen. Gaslighter glauben, Sie zu kennen, obwohl sie nur um ihr eigenes Ich rotieren.

Gaslighter ändern ihre Stimmung nach Lust und Laune. In der einen Sekunde sind sie lieb und nett, in der nächsten Sekunde kochen sie vor Wut. Sie geben Ihnen die Schuld für Ihr Versagen und loben sich selbst für Ihre Erfolge. Gaslighter bestehen darauf, dass Sie sie dazu bringen, sich so zu fühlen, wie sie selbst sich fühlen (normalerweise, wenn sie wütend, traurig oder eine andere unangenehme Emotion empfinden).

Gaslighter machen Sie für alles Schlechte in der Beziehung oder im Leben des Gaslighters verantwortlich. Sie übernehmen selten, wenn überhaupt, die Verantwortung für ihre verletzenden Handlungen und Worte, und wenn sie die Verantwortung für etwas übernehmen, dann weil sie versuchen, Sie davon zu überzeugen, dass der Gaslighter eine Person ist, die um Sie bemüht ist und aus ehrenhaften Motiven handelt. 

Wenn ein Gaslighter wütend oder verlegen ist, will er, dass Sie sich schämen, sich zusammenkauern oder irgendwie die Schuld für seine Gefühle übernehmen.

Gaslighter ändern die Pläne, ohne Sie zu informieren, und tun dann so, als hätten sich die Pläne nicht geändert. Gaslighter geben Ihnen die Schuld für Dinge, die schief laufen, und behaupten, Sie hätten es auf den Gaslighter abgesehen, würden ihn sabotieren, ihn wütend machen, usw.

Gaslighter benutzen Ihre intimen Bekenntnisse gegen Sie, die sie vorher abgefragt  haben und dabei den Anschein erwecken um Sie bemüht zu sein. Sie fragen sich vielleicht, ob Sie selbst der Täter sind und der Gaslighter nur das arme Opfer ist.

Als Scherz getarnter Missbrauch

Das sind "Witze", die auf Ihre Kosten erzählt werden und bei denen Sie sich hilflos oder gedemütigt fühlen. Sie haben das Gefühl, dass Sie mit allen anderen lachen sollten, weil sie den Missbrauch nicht sehen. Oft stammen diese Witze von Misshandlungen, die unter vier Augen stattgefunden haben. Der Täter möchte diese Misshandlungen vor Anderen zur Sprache bringen und sie auf die leichte Schulter nehmen. Wenn Sie sich aufregen, kann der Täter behaupten, Sie seien zu empfindlich (und andere Leute glauben das auch).


Missbräuchliche Wut

Missbräuchliche Wut entsteht, wenn dem Täter keine angemessenen Kommunikationstechniken mehr zur Verfügung hat. Stattdessen bekommt der Täter einen sehr beängstigenden Wutanfall. Er schreit, bedient sich aggressiver aund demütigender Wortwahl. Er kommt auf Sie zu oder tut etwas, das Sie erstarren, fliehen oder sich wehren lässt.

Schuldzuweisung

Beschuldigung und Schuldzuweisung ist ein Beispiel für verbalen Missbrauch, der die aktuelle Situation auf Sie zurückwirft, als ob Sie etwas falsch gemacht hätten. Der Missbraucher beschuldigt Sie, ein Problem verursacht zu haben oder zu versuchen, ihn wütend zu machen aber auch das sie schlicht keine Rücksicht auf ihn nehmen. Der Missbraucher gibt Ihnen die Schuld für das, was passiert ist, obwohl Sie keine Möglichkeit hatten, es zu kontrollieren.

Blockieren und Ablenken

Blockieren und Ablenken ist ein Beispiel für verbalen Missbrauch, bei dem der Missbraucher Sie nicht zu Wort kommen lässt, weil er das Thema auf etwas anderes lenkt. Manchmal bedeutet Blockieren, dass der Täter nicht über das sprechen will, worüber Sie sprechen möchten. Beispielsweise sagt er: "Widersprich mir nicht." was im Prinzip eine völlig unangemessene Ansage nicht nur zwischen Erwachsenen ist. Und lenkt das Gepräch auf Ihre vermeintliche Respektlosigkeit dem Täter gegenüber, wenn Sie es trotzdem versuchen.

Widersprechen

Widersprechen geschieht, wenn der Täter nicht akzeptiert, was Sie sagen. Sie unterscheidet sich von einer Meinungsverschiedenheit, weil die Gegenrede so irrational ist, dass wir sie nicht als eine Meinungsverschiedenheit betrachten können. Beispielsweise erklärt er, dass seine Einschätzung logisch zwingend ist, und man könne da keine andere Meinung haben. Widersprechen kann ein Gespräch so schwierig machen, dass Sie aufhören, Ihre Meinung zu äußern, und das ist es, was Ihr Missbraucher von Ihnen will.

Vorenthaltung

Deprivation oder Vorenthaltung ist ein Beispiel für verbalen Missbrauch, bei dem wenig bis gar keine verbale Kommunikation stattfindet. Der Täter zieht sich buchstäblich und körperlich von seinem Opfer zurück. Es kann sein, dass er nicht mit dem Opfer spricht oder es überhaupt nicht wahrnimmt. Beispielsweise Gesangsstunden absagt oder bei Begenungen Sie ignoriert.

Vergessen

Das Vergessen, insbesondere das Vergessen von Dingen, die Ihnen wichtig sind, ist eine weitere Möglichkeit, Ihnen insgeheim mitzuteilen, dass Sie unwichtig oder weniger wichtig sind als der Täter.

Beurteilen und Kritisieren

Beurteilen und Kritisieren ist die Art von verbalem Missbrauch, bei der der Täter Sie herabsetzt, ohne dies zu verbergen. Der Täter beurteilt und kritisiert Sie, egal ob Sie allein oder vor anderen Menschen. Im Kontext des Gesangsunterrichts hat er das Beurteilen und Kritisieren, unabhängig davon wie weit es unter die Gürtellinie geht, oder ob es Themen musikalischer oder auch nicht musikalischer Natur betrifft, bereits als seine hehre Pflicht und Aufgabe definiert. "Stimmbildung ist ja schließlich auch Menschenbildung", was das Mandat des Musiklehrers offensichtlich auf alle Bereiche ausdehnt. Sie sind also nur empfindlich und wollen sich nicht weiterentwickeln, begehren Sie dagegen auf.

Name-Calling

Beschimpfungen sind genau das, wonach sie klingen, und oft das einzige Beispiel für verbalen Missbrauch, das andere Menschen als missbräuchlich empfinden.

Befehlen und Fordern

Befehlen und Fordern liegt vor, wenn der Täter Ihnen sagt, was Sie tun sollen, und erwartet, dass Sie es sofort tun. Es gibt keine Entschuldigung dafür, es nicht sofort zu tun. "Tu einfach, was ich Dir sage".

Drohende Verhaltensweisen

Drohende Verhaltensweisen und Worte sind verbale Beschimpfungen, die an körperliche Gewalt grenzen und offene Drohungen gegen Ihre Sicherheit beinhalten.


Trivialisierung

Trivialisierung ist ein Beispiel für verbalen Missbrauch, der Ihre Leistungen, Handlungen oder Ideen herabsetzt.

Belitteling (Herabsetzung)

Der Täter definiert sie als klein und unzulänglich und damit sich selbst als überlegen. Beispielsweise kann er Sie "Kind" oder "Kindchen" nennen, auch wenn Lebensalter, soziales Standing und Lebenserfahrung etwas ganz anderes abbilden. Verbitten Sie sich das, ignoriert er das vielleicht. Oder er definiert sie als ihm "geistig unterlegen", unreif oder ähnliche Einordnungen

Enmeshment 

D.L.Jones schreibt in (5):
Häufig kann man beobachten, dass für Lehrer die Schüler das komplette soziale Leben ausmachen. Das ist sehr gefährlich insbesondere auf einer Universität oder einem Konservatorium. So wird der Schüler zum Ersatzkind oder der Ersatzfamilie des Lehrers. Dabei entsteht häufig ein ungesundes Verhältnis, das wir »emotionales Enmeshment« (etwa: emotionale Verstrickung, d. Übers.) nennen; eine Co-Abhängigkeit, die es dem Schüler nicht erlaubt, sich zu einem starken unabhängigen Sänger zu entwickeln. Viele Sänger, die mit solchen Lehrern zu tun hatten, sind nicht in der Lage eine professionelle Karriere anzugehen. Ihr Glaubenssystem ist so abhängig von äußerer Bestätigung durch den Lehrer, dass sie ohne dieses nicht auskommen.

Dieses Enmeshment tritt natürlich genauso bei Schülern aus dem Amateurbereich auf, die gar keine professionelle Karriere anstreben. Aber es erzeugt eine Situation des Gefangenseins im System des Lehrers, ggf. auch für dessen Angehörige. Es entstehen viele soziale Verpflichtungen mit im Chor des Lehrers singen, an anderen musikalischen Veranstaltungen, Singkreisen, Schülerkonzerten, Ensembles mitzuwirken oder ehrenamtlich die weiteren Aktivitäten des Lehrers zu unterstützen, bis hin zu "Freundschaftsdienstleistungen", die der erwachsene Schüler natürlich gegen Freundschaftspreis leistet, von der Wohnungsumzugshilfe bis zur Bereitstellung von IT-Equipment. Der Lehrer bemüht sich natürlich um den Schüler und zeigt seine Wertschätzung. indem er zu immer neuen Projekten mit kleinen Auftritten einlädt bzw. diese organisiert, die der Schüler natürlich gerne großzügig entlohnt. Irgendwann spielt sich die ganze Freizeit des Schülers nur noch in diesem "Mesh" ab, bis die Beziehung soweit eskaliert, das der Schüler aus der Situation ausbricht, um sich selbst und seine psychische Gesundheit zu schützen.

Gerade bei netten, lernwilligen und hilfsbereiten Menschen kann das aber viele Jahre dauern und viele tausende Euro Honorare fließen, bis die Beziehung zerbricht, und der Schüler beim nächsten, diesmal vielleicht tatsächlich kompetenten Gesangslehrer feststellt, dass er, was Stimmbildung betrifft wieder ganz von vorne beginnen muss, und im Grunde Jahre verloren hat.

Das Enmeshment behindert das Erkennen, wo die Kompetenz des Lehrers endet und das Erkennen das die Stimmentwicklung schon vor einigen Jahren stehen geblieben ist.


Sind nur Kinder und Studenten betroffen?

In der Presse erscheinen nur Vorfälle, in denen zum einen Kinder oder Studenten von sexuellen Übergriffen betroffen sind oder grade waren... #MeToo. Wie in (8), (9), (17), (18), (199, (21), (22), (23), (24), (31). Das ist schrecklich und bedarf der noch viel deutlicheren und konsequenteren juristischen Ahndung und ruft Initiativen zu Schutzkonzepten ins Leben, allerdings nur für Kinder - vielleicht noch für Studenten, wenn zusätzlich sexuelle Übergriffe stattfinden. 

Aber das ist eben die Spitze des Eisbergs. Unter der Wasseroberfläche sind eine große Anzahl von Amateursängern, die gerne singen lernen möchten, von denen Profisänger durch deren Unterricht ihren Lebensunterhalt mitbestreiten - und wo sie die in der Ausbildung erlebten missbräuchlichen Verhaltensweisen ihrer Lehrer in ihren eigenen Unterricht vielleicht tradieren, wenn keine Reflektion stattfindet. 

Erwachsene können sich durch Weggehen doch aus mißbräuchlichen Beziehungen lösen und einfach gehen, oder? Sie sind ja nicht gefährdet, oder? Es ist nicht so einfach, wenn man in so einem Mesh gefangen ist. 

Dieser Artikel fokussiert auf den Bereich unter der Wasseroberfläche ohne sexuelle Übergriffe, bei denen das einzelne Opfer nach Auseinandersetzungen, verbalen Demütigungen und Erniedrigungen nur depressiv und tagelang grübelnd zuhause liegt - viele Tage auch krank geschrieben und im Geiste klärende Gespräche mit dem Täter durchspielt, die aber niemals stattfinden, weil der Täter jede Art von klärenden Gesprächen sofort unterbindet, wenn denn nur ein Hauch von Kritik auf ihn fiele - denn es sind immer nur die Anderen schuld.

Vergleich des Gesangsunterrichts mit psychotherapeutischen Therapiebeziehungen

In (3) und (32) wird der Vergleich der Beziehung zu einem Gesangs-/Musiklehrer zu der Beziehung mit einem Psychotherapeuten gezogen. Gesangsstunden finden one-on-one hinter geschlossenen Türen statt, es geht um das Fühlen und Ausdrücken von Emotionen. Der Gesangslehrer weiß vielleicht sogar mehr von seinem Schüler als der Therapeut, wenn er jede Stunde mit der Frage eröffnet: "Wie geht es Dir ... ich kann dich nur unterrichten wenn ich genau weiß was, was Dich gerade bewegt..." Beziehungen zu Psychotherapeuten erstrecken sich gewöhnlich über nicht mehr als 2 Jahre - länger zahlt meist die Krankenkassen nicht. Beziehungen zu einem Gesangslehrer können sich schon mal über 10 Jahre erstrecken.

Psychotherapeuten haben allerdings sehr feingranulierte berufsethische Richtlinien (13), die im Detail erklären, wie solche professionellen Beziehungen zu gestalten sind, und was in einer Therapiestunde passieren kann und was nicht auf ca. 49 Seiten.

Der Kodex des Bundesverbands Deutscher Gesangspädagogen (11) umreißt das Thema auf einer Seite, im Grunde nur einen Anstrich von dreien:

[das Mitglied mit dem Beitritt folgende Grundsätze an und ist bereit,] von Respekt und dem Willen zur bestmöglichen Förderung geprägte Beziehungen zu den eigenen Schülern zu pflegen. - eine nach bestem Wissen und Gewissen möglichst realistische Einschätzung ihrer Begabungen zu geben, sie angemessen zu ermutigen und zu fördern, keine falschen Hoffnungen zu wecken oder unrealistische Berufsperspektiven aufzuzeigen - ihre Individualität in der methodischen Arbeit zu respektieren, sie zur Selbstständigkeit zu führen und jede Form von Abhängigkeit zu vermeiden.

Deutlich mehr Seiten, genauer fünf Seiten werden in (12) für den Ehrenkodex in Bezug auf Honorare benötigt.

Mal abgesehen davon ist nur ein kleiner Anteil der Gesangslehrer Gesangspädagoge sind und von denen nur ein kleinerer Anteil auch Mitglied des BDG, beispielsweise in Hamburg nur 15 Personen derzeit.

Der amerikanische Berufsverband NATS ist da in (10) doch ausführlicher:

II. Ethische Standards in Bezug auf Studenten
Die Vereinigung setzt sich für Beziehungen zwischen Mitgliedern und Studenten ein, die Exzellenz und Lernen in einem würdigen und professionellen Umfeld fördern und die keine Diskriminierung, Sexualität, Anspielungen oder Bevorzugung beinhalten.
  • Die Mitglieder sollten alle Arten von diskriminierenden Praktiken vermeiden. Geeignete Richtlinien sind in Gesetzen wie Titel IX der Education Amendments von 1972 und dem kanadischen Human Rights Act festgelegt.
  • Mitglieder sollten bei psychologischen, emotionalen und persönlichen Kontakten mit Schülern angemessene Grenzen einhalten, einschließlich Andeutungen, die als sexuelle Annäherung ausgelegt werden könnten, selbst wenn ein Schüler eine solche Interaktion anregt oder verlangt.
  • Die Mitglieder sollten die Privatsphäre und die persönliche Integrität der Studierenden respektieren und keine vertraulichen Informationen weitergeben, es sei denn, ein bestimmtes rechtliches oder akademisches System erfordert die Offenlegung.
  • Die Mitglieder sollten die Richtlinien und Erwartungen ihres Studios klar kommunizieren und rechtzeitig und konkret einhalten.
  • Die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler soll in einer respektvollen, professionellen Art und Weise aufgebaut, gepflegt und beendet werden.
  • Die Mitglieder sollten das Vorrecht eines Schülers respektieren, Unterricht bei einem Lehrer seiner Wahl zu erhalten, einschließlich des gleichzeitigen Studiums bei einem anderen Lehrer. Die Transparenz sollte zwischen allen Parteien aufrechterhalten werden.
  • Die Mitglieder sollten jedem Schüler, der unter ihrer Aufsicht steht, ihren besten Unterricht und ihre beste Berufsberatung anbieten und jeden Schüler auf respektvolle und unparteiische Weise behandeln, wobei sie die individuellen Unterschiede in Bezug auf Fähigkeiten, Lernstile und Motivation berücksichtigen.
  • Die Mitglieder sollten keine übertriebenen Behauptungen oder irreführenden Aussagen über die Aussichten eines Schülers auf eine berufliche Laufbahn in der Musik machen. Sie sollten keine Auftritte, berufliche Positionen oder vorteilhafte Kontakte garantieren, wenn sie diese Versprechen nicht erfüllen können.
Es drängt sich die Frage auf, warum es für Gesangslehrer keinen ähnlichen berufsethischen Kodex wie für Psychotherapeuten gibt. Selbst wenn nur ein kleiner Teil der Gesangs- und Musiklehrer überhaupt in einem Verband organisiert ist, so hätten solche Richtlinien auch für Schüler außerhalb des Schul- und Universitätsbetriebs eine Austrahlung zu lesen, was im Unterricht akzeptabel ist und was nicht.

Whiplash und die unterschwellige Botschaft 

Laura Hood schreibt in (29):

Whiplash, der bei der Preisverleihung 2016 für den besten Film nominiert wurde, spielt im fiktiven New Yorker Schaffer-Konservatorium, dessen Schauplatz zweifelsohne auf der Juilliard School basiert (und wo die Szene im Klassenzimmer gedreht wurde). Wir folgen dem Jazz-Schlagzeugstudenten Andrew Neiman, der von dem tyrannischen Lehrer Terence Fletcher an den Rand des Abgrunds getrieben wird.

Obwohl der Film auf zweidimensionale Charaktere und unglaubwürdige Szenarien setzt, macht er einige sehr treffende Aussagen über Mobbing und die allgegenwärtigen Machtspiele, die an Musikhochschulen gefördert werden.

Im Film wird der junge Protagonist und begabter Schlagzeugschüler von seinem tyrannischen Terence Fletcher in eine Welt des emotionalen Missbrauchs getrieben. Fletcher hat mit dem Idealbild eine hilfreichen umsorgenden Pädagogen absolut nichts gemein. Der immer schwarz gekleidete Bandleader wirkt wie ein sadistischer Militärausbilder. Ihm stehen als didaktische Mittel nur Konkurrenzdruck, Erniedrigung und despotische Disziplin zur Verfügung. Zwischen Andrew und Fletcher kommt es zu einem beinahe sadomasochistischen Zerrbild eines Schüler-Lehrerverhältnisses, das unbeirrbar auf ein Desaster zusteuert, ohne dass für beide (und auch die anderen Schüler in Fletchers Band) eine Alternative denkbar wäre. Der Vater des Jungen schreitet ein, und der Lehrer verliert seine Stelle am Konservatorium. Der Film endet  damit, dass  Andrew sich in ein Vorspiel eben jenes Tyrannen an einem namhaften Konzerthaus begibt, von diesem durch ausgetauschte falsche Noten in eine Situation gebracht wird, in der er versagen soll und muß, sich aber durch unglaublich kreatives Spiel rettet, und die Schlagzeugpartie seines Lebens spielt - wie immer das möglich sein sollte.

Die Botschaft ist im Grunde, dass ein derartiges eigentlich strafrechlich zu ahndendes und den Lehrer völlig diskreditierendes Verhalten exkulpiert, dessen beruflicher Reputation in keiner Weise schadet, und das musikalische Ergebnis -  der Erfolg als Musiker - nachträglich sein inakzeptables Verhalten entschuldigt, während die ihm anvertraute Studenten psychisch beschädigt daraus hervorgehen.

Eine ähnliche Botschaft geht von dem Fall des Professors für Komposition in München aus, der auch nach dem Schuldspruch in Bezug auf sexuelle Übergriffe vorzeitig noch mit einer Festschrift zu seinem 65. Geburtstag geehrt werden sollte, was im Prinzip auch als Exkulpation gesehen werden könnte. (vgl. 19, 20, 21, 22, 23, 24)

Ein weiter Fall, der publik geworden ist, ist der des Winsbacher Knabenchors und seines Chorleiters Beringer in einem Artikel des Merkur (38). Wiederholt wurde Beringer in den Jahren 2004 und 2005 von ehemaligen Sängern des Chores, Eltern und Mitarbeitern unpädagogisches Verhalten, psychische und physische Gewalt vorgeworfen. Sein Erziehungsstil sei autokratisch. Der Chorleiter verwechsle Disziplin mit Härte. Insbesondere wurden ihm der Gebrauch von Verbalinjurien, das psychische „Fertigmachen“ einzelner Schüler bis hin zu tätlichen Übergriffen zur Last gelegt. Nachdem eine Untersuchungskommission allerdings keine sexuellen Übergriffe nachweisbar fand, wurde der Chorleiter mit dem Hinweis im Amt belassen, er möge sich "mäßigen". Der musikalische Erfolg entschuldigt das offensichtlich emotional missbräuchliche Verhalten. Nur das Überschreiten der Linie zum sexuellen Missbrauchs hätte hier wohl eine Konsequenz gezeitigt - allein unpädagogisches Verhalten oder psychische Härte reicht anscheinend nicht.

Diese Art von Kuhhandel ist wahrscheinlich heute in keinem anderen Bereich sonst denkbar, emotionalen Missbrauch sogar an Kindern mit dem musikalischen Ergebnis zu entschuldigen. Schon für sich allein ist dieser Handel unmoralisch. Sieht man auf lange Sicht auf die psychischen Verletzungen, die später vielleicht durch Therapien behandelt werden müssen, und dass darunter Kinder sein können, die als Erwachsene diese Verhaltensweisen auch an vielleicht wieder ihnen anvertrauten Kindern anwenden und dies Verhalten in die nächste Generation tradieren, dann ist es nur noch absurd und inakzeptabel.

Im Grunde kann man das so lesen, dass,  wenn nur das musikalische Ergebnis stimmt, damit jedes Fehlverhalten des Lehrers - zumindest bis zur roten Linie Sex und Kinder entschuldigt wird.

Übergriffe im Musikunterricht scheinen eine lange Tradition zu haben. Beispielsweise über Johann van Beethovens Unterricht sind gewalttätige Übergriffe auf seinen Sohn Ludwig in (42) überliefert.

Wie kann das sein, dass diese unheilige Tradition unbehelligt weiter tradiert wird?

Reckahner Reflexionen

Die Reckahner Reflexionen (39) herausgegeben vom Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin; Deutsches Jugendinstitut e.V., München; MenschenRechtsZentrum an der Universität Potsdam und dem Rochow-Museum und Akademie für bildungsgeschichtliche und zeitdiagnostische Forschung e. V. an der Universität Potsdam beschreiben die gültige Leitlinie für die Qualität pädagogischer Beziehungen. Im Vorwort heißt es:

Gute pädagogische Beziehungen bilden ein Fundament dafür, dass Leben, Lernen und demokratische Sozialisation gelingen. Darum soll mit den hier vorliegenden ethischen Leitlinien die wechselseitige Achtung der Würde aller Mitglieder von Schulen und Einrichtungen gestärkt werden. Die Leitlinien sollen Reflexion anregen und als Orientierung für dauerhafte professionelle Entwicklungen auf der Beziehungs ebene dienen. Sie wenden sich an Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte sowie an verantwortliche Erwachsene in allen Bereichen des Bildungswesens.

Leitlinien
Was ethisch begründet ist:
  • Kinder und Jugendliche werden wertschätzend angesprochen und behandelt.
  • Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte hören Kindern und Jugendlichen zu.
  • Bei Rückmeldungen zum Lernen wird das Erreichte benannt. Auf dieser Basis werden neue Lernschritte und förderliche Unterstützung besprochen.
  • Bei Rückmeldungen zum Verhalten werden bereits gelingende Verhaltensweisen benannt. Schritte zur guten Weiterentwicklung werden vereinbart. Die dauerhafte Zugehörigkeit aller zur Gemeinschaft wird gestärkt.
  • Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte achten auf Interessen, Freuden, Bedürfnisse, Nöte, Schmerzen und Kummer von Kindern und Jugendlichen. Sie berücksichtigen ihre Belange und den subjektiven Sinn ihres Verhaltens.
  • Kinder und Jugendliche werden zu Selbstachtung und Anerkennung der Anderen angeleitet.
Was ethisch unzulässig ist:
  • Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Kinder und Jugendliche diskriminierend, respektlos, demütigend, übergriffig oder unhöflich behandeln.
  • Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte Produkte und Leistungen von Kindern und Jugendlichen entwertend und entmutigend kommentieren.
  • Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte auf das Verhalten von Kindern und Jugendlichen herabsetzend, überwältigend oder ausgrenzend reagieren.
  • Es ist nicht zulässig, dass Lehrpersonen und pädagogische Fachkräfte verbale, tätliche oder mediale Verletzungen zwischen Kindern und Jugendlichen ignorieren.

Die Frage ist, warum solche Qualität von Lehrbeziehungen nicht auch in der Erwachsenenbildung Schülern zugestanden werden sollte, egal ob Profisänger oder Amateur.

Ist emotionaler Missbrauch dem Gesangsunterricht doch vielleicht förderlich?

David L. Jones schreibt in (3):

Vielleicht müssen wir einen guten Lehrer definieren: Einige positiv beschreibende Worte, die mir in den Sinn kommen, sind: Führer, Mentor, Förderer der Ko-Kreativität, flexibler und positiver Partner und emotionale Unterstützung. Alle diese Eigenschaften sind notwendig, damit ein klarer Informationsaustausch stattfinden kann. Ein flexibler und spontaner Lernprozess kann nur stattfinden, wenn der Lehrer einige oder die meisten dieser Eigenschaften besitzt. 

Beachten Sie, dass ich in der Definition eines Lehrers KEINE Wörter wie Diktator, oberstes Wesen, autoritär, Chef, Mutter-/Vater- oder Familienersatz oder kumpelhaftes, bedürftiges, lästiges Kind verwendet habe.

Dies sind Eigenschaften, die für jeden menschlichen Zustand ungesund sind. [..] es gibt es diese Situationen tatsächlich. Sie sind sowohl für den Lehrer als auch für den Sänger unglücklich. Keiner von beiden profitiert wirklich davon, und in Bezug auf die stimmlichen Probleme wird wenig gelöst.

Wenn der Lehrer emotional gestört ist, kann die Zeit nur damit verbracht werden, seine emotionalen Löcher zu stopfen. Mein befreundeter Psychologe beschreibt diese Art von Persönlichkeiten als Schweizer Käse, bei dem die Löcher immer gefüllt werden müssen. Nachdem die Löcher gefüllt sind, fällt die Füllung einfach wieder heraus. Deshalb hört dieses ständige Auffüllen der emotionalen Löcher nie auf. Wenn entweder der Gesangsschüler oder der Lehrer diese Eigenschaften besitzt, schafft das eine äußerst negative Situation für das Lernen.

[..]Es ist unerlässlich, dass jeder Lehrer nach emotionalem Gleichgewicht strebt, um ein effektiver Führer zu sein. [..] Es ist erwiesen, dass Menschen, die aus einem emotional missbräuchlichen Umfeld stammen, im Erwachsenenalter häufig selbst missbräuchlich werden. Dies ist manchmal ein automatischer emotionaler Reflex. [..] ist es nicht verwunderlich, dass diejenigen, die ein schwieriges frühes Leben hatten, oft auch im frühen Erwachsenenalter und oft für den Rest des Lebens schwierige Persönlichkeiten sind. 

[.. ]Wir müssen uns jedoch der Verantwortung bewusst sein, ein emotionales Gleichgewicht zu erreichen. Dieses emotionale Gleichgewicht ist der Schlüssel zu einer effektiven Lehrfähigkeit. Offenheit, Fürsorge, Freundlichkeit, positive Einstellung, Begeisterung für das weitere Lernen, jeden Tag als Gelegenheit zum Wachstum begrüßen, nach neueren und effektiveren Ideen suchen - all das sind Eigenschaften, die einen hervorragenden Unterricht ausmachen. Wenn der Lehrer auf einer Lernreise ist, dann kann er sich für seinen eigenen Prozess und den seiner Sänger begeistern. Wir müssen uns selbst stimmlich und gefühlsmäßig ernähren, bevor wir andere stimmlich und gefühlsmäßig ernähren können.

Das falsche Selbst: Arroganz und Psychospielchen: [..] John Bradshaw spricht in seinen Büchern über das "falsche Selbst". Ich empfehle meinen Sängern alle seine Bücher. Je mehr wir emotional über uns selbst erfahren, desto präsenter können wir sein, um zu lernen und andere zu unterrichten. Wir entwickeln auch die Fähigkeit, uns vor emotional missbrauchenden, leeren Personen zu schützen. Ein professioneller Sänger, den ich eine Zeit lang unterrichtet habe, sagte: "Ein wahrer Künstler muss sich nicht wie eine Diva aufführen, denn ein wahrer Künstler hat Vertrauen in seine Fähigkeiten." Dies kam aus dem Mund eines Sängers, der in der ganzen Welt sang und eine internationale Karriere hatte. Der Subtext dieser Aussage ist, dass man, wenn man ein gesundes Ego hat, nicht so aufmerksamkeitsbedürftig ist. Dann kann man sich der Kunst des Singens wirklich hingeben.

Das "kultische" Sprachstudio: Es ist festzustellen, dass einige Lehrer ihre Studenten als ihr gesamtes soziales Leben nutzen. Dies ist eine gefährliche Situation, insbesondere auf Universitäts- oder Konservatoriumsniveau. Der Sänger kann zum "Ersatzkind" oder zur Familie des Lehrers werden. Mit dieser Situation geht oft eine ungesunde Situation einher, die wir als "Verstrickung" (Enmeshment) bezeichnen; eine Co-Abhängigkeit, die es dem Sänger nicht ermöglicht, ein starker und unabhängiger Profi zu werden. Ich stelle fest, dass viele Sängerinnen und Sänger, die diese Art von Lehrern hatten, in ihrer Fähigkeit, eine professionelle Karriere anzustreben, "blockiert" sind. Ihr Glaubenssystem ist oft so aufgebaut, dass der Sänger nicht ohne die Zustimmung oder den Input des Lehrers funktionieren kann. 

Um ganz ehrlich zu sein, haben die professionellen Sänger, mit denen ich gearbeitet habe, gelernt, weitgehend ihr eigener Lehrer" zu sein. Wenn ich Sängern sage, dass sie irgendwann lernen müssen, "ihr eigener Lehrer zu sein", kann ich sofort die Unsicherheit in ihren Augen sehen. Jeder funktionierende Erwachsene muss lernen, unabhängig zu sein. Sängerinnen und Sänger müssen lernen, emotional und stimmlich einigermaßen unabhängig zu sein. Emotionen wirken sich direkt auf die Stimme aus. Wir alle werden emotional und stimmlich geführt. Irgendwann muss der Sänger jedoch lernen, zu experimentieren und sich selbst gesunde Gesangskonzepte beizubringen. Das erfordert Erfahrung und Zeit. Es erfordert auch eine gute Technik als Grundlage und eine solide emotionale Arbeit am inneren Selbst. 
[..]
Ich hatte mit allen Arten von emotionalem und physischem Missbrauch zu tun, wenn es um das Unterrichten von Sängern geht. Es ist bedauerlich, dass ein Großteil unserer Gesellschaft Kindern diese Last des Schmerzes auferlegt. Dann verbringen sie ihr Erwachsenenleben damit, ihren Heilungsprozess zu verarbeiten. [..] Ich habe viele Sängerinnen und Sänger erlebt, die einen solchen emotionalen Missbrauch erlitten haben und darüber hinaus gewachsen sind. Ich hatte eine begabte Sängerin, die von Gesangslehrern emotional so missbraucht wurde, dass sie kein Vertrauen in ihre Stimme hatte. Ja, sie sang verstimmt, weil ihr Körper nicht richtig gestützt war. Diese Sängerin brach oft mitten im Unterricht in Tränen aus und musste die Stunde abbrechen. Jetzt vertraut sie auf ihr Talent und liebt es, zu singen. Was eine äußerst schmerzhafte Erfahrung war, ist jetzt zu einer großen Freude und einer emotionalen Belohnung geworden. Die Veränderung dieser emotionalen Reaktion auf das Singen dauerte jedoch etwa 2 Jahre. Ihre Stimme hätte sich in weniger als der Hälfte dieser Zeit entwickeln können, wären die emotionalen Narben nicht vorhanden gewesen. Dies ist nur ein Beispiel für die Art von emotionalem Schaden, den missbräuchliche Lehrer anrichten können. Hoffentlich werden eines Tages alle Lehrer und Jugendlichen in unseren Schulen psychologisch geschult. Dieses kann jedoch nur so wirksam sein, wie sie ernst genommen wird.

Die Antwort auf die oben gestellte Frage ist so von berufener Seite eindeutig verneint.

Was tun, wenn Sie erkennen, das Ihr Gesangslehrer emotional gestört ist?

D.L. Jones schreibt in (4):
Hinweis für Studenten: Wenn Sie bei einem missbrauchenden Lehrer haben, können NUR Sie die Verantwortung für sich selbst übernehmen. Sie müssen ein solches Studio so schnell wie möglich verlassen. [..]

Ich bin davon überzeugt, dass ein Lehrer, der eine missbräuchliche, toxische Persönlichkeit widerspiegelt, nicht in der Lage ist, Informationen effizient zu übermitteln. Die wenigen Informationen, die Sie vielleicht erhalten, sind den emotionalen Missbrauch nicht wert, der durch das Bleiben verursacht wird. [..]

Wir müssen die toxische Kette des emotionalen Missbrauchs durchbrechen. [..]
Es gibt Ausbilder, die in dem Ruf stehen, böse und missbräuchlich zu sein. Ich hoffe, dass wir diese Art von Ausbildern eines Tages aus dem Geschäft drängen können. 

Wenn eine Schülerin oder ein Schüler in einem solchen Studio bleibt, dann lade ich sie oder ihn ein, ihre oder seine eigene emotionale Gesundheit zu hinterfragen. Wenn Sie glauben, dass Sie jemanden brauchen, der Sie "verprügelt" oder "zum Lernen zwingt", dann sollten Sie einen Weg finden, um aus diesem toxischen Denken herauszukommen. 

Denken Sie daran, dass die meisten toxischen Persönlichkeiten kontrollierend sind. In Wahrheit sind kontrollierende Menschen außer Kontrolle geraten. 

Letzter Gedanke: Wie bereits erwähnt, haben wir eine grundlegende Verantwortung, in unseren Gesangsstudios jederzeit emotionale Gesundheit, gesunden Menschenverstand, Berufsethik und ehrenhaftes Verhalten zu zeigen. 

Der erste Schritt ist das Erkennen, sich in einer missbräuchlichen Beziehung zu befinden. Das erscheint nur von außen gesehen einfach. Jede Konfliktsituation wurde oft über Jahre umgedeutet und der eigenen Wahrnehmung und Erinnerung trauen Sie nicht mehr.

Warum ist es so schwierig sich aus so einer Beziehung zu lösen?

  • Gewöhnung/Desensibilisierung
    Die Beziehung beginnt positiv und von Interesse für die Musik geprägt, und verschlechtert sich manchmal unmerklich, aber stetig. Das Opfer gewöhnt sich an viele kleine und größere immer wiederkehrende Demütigungen, Stiche unter die Gürtellinie, Kleingemachtwerden, die nicht selten als "Wecken" des Entwicklungspotentials erklärt werden, als pädagogisch notwendig und wohlgemeint.

  • Emotionale Achterbahnfahrt
    (Vermeintlich) positive Zeiten, gepaart mit Fürsorglichkeiten wechseln sich ab mit plötzlich auftretenden Konflikten, schmerzhaften verbalen Attacken, Demütigungen, gefolgt von Gesprächen, die allerdings die Deutung des Konflikts als "Schuld" des Opfers als einzig möglichen Ausgang haben.

  • Besetzen der Deutungshoheit/Brainwashing
    Konflikte mit anderen und unschöne Szenen mit Dritten werden so lange erklärt oder "eingearbeitet", bis man in die Deutung einwilligt, dass die Betroffenen psychisch labil, gestört, besonders repektlos, etc. waren, und es gut war, sie gehen zu lassen

  • Enmeshment
    Das Eingebundensein in ein Netz von sozialen Verpflichtungen zum Mitwirken beim Chor, bei Ensemble-Projekten, Schülerkonzerten, Hilfestellungen ehrenamtlicher Natur mittelbar zum Wohl des Lehrers oder Hilfe bei sonstigen Bedürfnissen der Lehrerfigur (Umzug, IT-Support, etc.), bis die gesamte Freizeit sich nur noch in diesem Netz abspielt.

Die Lösung aus der Situation gelingt vielleicht erst nachdem die Situation so eskaliert, dass eine Zusammenarbeit schlicht unerträglich wird, vielleicht auch angereichert mit Drohungen und vulgären Beleidungungen - dann erst entziehen Sie sich dem Zugriff. Dann setzt die Deprogrammierung ein und damit auch die Scham, es so lange nicht erkannt zu haben.

Führt der Weg zu einem kompetenteren Lehrer, kann auch die Erkenntnis folgen, dass Sie, was die Stimmbildung betrifft, wieder von vorne beginnen müssen und, dass jener vorherige Lehrer kein so kompetenter Gesangslehrer war, wie sie lange Zeit angenommen haben - dass vielleicht ganz grundlegende Mechanismen (Stütze, Sitz, Atemführung etc) zwar irgendwie, aber nicht hinreichend erklärt worden sind, und stimmlichen Probleme, die sie bei sich und anderen Schülern beobachtet haben, genau darin ihre Ursache haben. Was dann bleibt, ist die Bilanzierung der verlorenen Zeit.

Das Erkennen der ungesunden Muster begünstigt es, schneller gesunde Entscheidungen für sich treffen zu können.

Niemand braucht das, um singen zu lernen; niemand verdient das, und kein musikalisches Ergebnis rechtfertigt das. Die Frage stellt sich, warum Ausbildungsinstitutionen nicht klarer darauf reagieren, bevor solche Personen mit einem pädagogischen Abschluss in die Welt entlassen werden. Es ist auch nicht wahrscheinlich, dass diese Personen glücklich mit ihrem Leben sind. Es ist im Grunde einfach eine Störung, die behandlungsbedürftig ist. Es hilft niemandem, das zu tolerieren, zu tradieren oder zu kultivieren.

Einzelnachweise

  1. P. Imbusch: Der Gewaltbegriff. In W. Heitmeyer & J. Hagan (Eds.): Internationales Handbuch der Gewaltforschung (S. 26 - 57). Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2002. Zitiert bei Gertrud Nunner-Winkler: Psychische Gewalt. Landeskommission Berlin gegen Gewalt (Online, PDF-Datei)

  2. D. Olweus: Täter - Opfer - Probleme in der Schule: Erkenntnisstand und Interventionsprogramm. In H. G. Holtappels, W. Heitmeyer, W. Melzer & K.-J. Tillmann (Eds.): Forschung über Gewalt an Schulen. Erscheinungsformen und Ursachen, Konzepte und Prävention (S. 282). Juventa, Weinheim, München 1997

  3. David L. Jones, Psycholigal Abuse in the Voice Studio - Feeding empty Egos
    https://voiceteacher.com/psychological_abuse.html

  4. David L. Jones, A critical responsibility. We teach by example
    https://m.facebook.com/298599243590502/photos/a.401435993306826/1908653675918376/?type=3&eid=ARA5Yx6ji-D-evBQhegWmlGPwyTf2N5MFwCf1JFD5qa9CQ79AGnei4uJ3rUPcKtBU4UhcFBbb1iR7FMr

  5. Emotionaler Missbrauch im Gesangsstudio, D.L.Jones (in Deutsch)
    https://gesanglehrer.de/emotionaler-missbrauch-im-gesangstudio/

  6. Psychologische Hinweise zum Unterrichten | D.L. Jones
    Gesangstudio Halseband (gesanglehrer.de)
    https://gesanglehrer.de/psychologische-hinweise/

  7. Wie findet man einen guten Gesanglehrer |  D.L. Jones
    https://gesanglehrer.de/wie-findet-man-einen-guten-gesanglehrer/

  8. Sex im Präsidenten Büro, Von Martin Knobbe und Jan-Philipp Möller
    11.05.2018, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 20/2018
    https://www.spiegel.de/politik/sex-im-praesidentenbuero-a-8df1163e-0002-0001-0000-000157298224

  9. #MeToo an den Musikhochschulen, uebenundmusizieren.de, Kirschning, Antje, 
    Ein Wertekodex als Meilenstein auf dem Weg zu professionellem Umgang mit Nähe und Distanz
    Aufsatz erschienen in: üben & musizieren 4/2018 , Seite 44
    https://uebenundmusizieren.de/artikel/metoo-an-den-musikhochschulen/

  10. Code of ethics, National association of teachers of singing 
    https://www.nats.org/code-of-ethics.html

  11. Kodex des Bundesverbands Deutscher Gesangspädagogen (1 Seite)
    https://bdg-online.org/wp-content/uploads/2020/03/Kodex_010518.pdf

  12. Kodex des Bundesverbands Deutscher Gesangspädagogen zu Honorarstandards (5 Seiten)
    https://bdg-online.org/wp-content/uploads/2020/11/Honorarstandards-4.pdf

  13. Berufsethische Richtlinien, Deutsche Gesellschaft für Psychologie
    https://www.dgps.de/die-dgps/aufgaben-und-ziele/berufsethische-richtlinien/

  14. Kodex des Bundesvebands deutscher Gesangspädagogen (nicht mehr zu finden)
    http://bdg-online.org/kodex

  15. Code of Conduct der Hochschule für Musik und Theater München
    https://hmtm.de/wp-content/uploads/PDF/rechtliche-grundlagen/HMTM_Code_of_Conduct_2021.pdf

  16. Ethische Grundsätze der Hochschule für Musik und Tanz in Köln
    https://www.hfmt-koeln.de/hochschule/profil/ethische-grundsaetze/

  17. Verhaltenskodex Dommusik Paderborn
    https://paderbornerdommusik.de/wp-content/uploads/2020/04/verhaltenskodex-dommusik-paderborn.pdf

  18. Prävention und Schutzkonzepte | Ausgabe: 12/18 | nmz - neue musikzeitung
    https://www.nmz.de/artikel/praevention-und-schutzkonzepte

  19. Macht und Missbrauch – Bad Blog Of Musick - nmz Klassik-Blog
    https://blogs.nmz.de/badblog/2015/05/03/macht-und-missbrauch/

  20. Dürfen Professoren alles? | Ausgabe: 7/22 | nmz - neue musikzeitung
    https://www.nmz.de/artikel/duerfen-professoren-alles

  21. Eine geplante Festschrift zum 65. von Dr. Mauser – Blumenstrauss oder Exkulpation? – Bad Blog Of Musick - nmz Klassik-Blog
    https://blogs.nmz.de/badblog/2019/09/06/eine-geplante-festschrift-zum-65-von-dr-mauser-blumenstrauss-oder-exkulpation/

  22. Problemfeld “Sexuelle Übergriffe” im Musikbereich, Martin Hufner, neu Musik Zeitung
    https://service.conbrio.de/service/?na=archive&email_id=357

  23. Eine Sängerin verstummt – Das Harfenduo, Daniel Mattéle, 1.9.2021
    https://www.dasharfenduo.de/wordpress/musik-und-gesellschaft/metoo/eine-saengerin-verstummt/

  24. München: Siegfried Mauser muss Haftstrafe nun antreten - München - SZ.de (sueddeutsche.de), Susi Winner, 18.1.2022
    https://www.sueddeutsche.de/muenchen/muenchen-mauser-gefaengnis-entscheidung-landesgericht-salzburg-1.5510045

  25. Porträt: Das Awareness-Team der HfMT Hamburg – Das Harfenduo; Laura Oetzel und Daniel Mattéle, 19.3.2021
    https://www.dasharfenduo.de/wordpress/musik-und-gesellschaft/metoo/portraet-das-awareness-team-der-hfmt-hamburg/

  26. “You play like trash” – Das Harfenduo, „Du spielst wie Müll“ Gastbeitrag des „Harfenduos“ zum Thema Machtmissbrauch in der musikalischen Ausbildung, 20.1.2022
    https://www.dasharfenduo.de/wordpress/pages-in-english/you-play-like-trash/

  27. Uni-Augsburg-Papier_Sexuelle-Belästigung-im-Musikunterricht.pdf (bukof.de)
    https://bukof.de/wp-content/uploads/Uni-Augsburg-Papier_Sexuelle-Bel%C3%A4stigung-im-Musikunterricht.pdf

  28. „Ich hatte das Gefühl, spielen zu müssen.“ - brand eins online
    https://www.brandeins.de/magazine/brand-eins-wirtschaftsmagazin/2016/vorbilder/ich-hatte-das-gefuehl-spielen-zu-muessen

  29. Music teacher sentenced to 11 years in prison as abuse film Whiplash prepares for Oscars (theconversation.com)
    https://theconversation.com/music-teacher-sentenced-to-11-years-in-prison-as-abuse-film-whiplash-prepares-for-oscars-37786

  30. Psychological Violence in Current Musical Education at Conservatoires - Basilio Fernández-Morante, 2018 (sagepub.com)
    https://journals.sagepub.com/doi/full/10.12967/RIEM-2018-6-p013-024

  31. Sexual Harassment in Voice Lessons (johnhenny.com)
    https://johnhenny.com/voice-lessons-sexual-harrasment/

  32. (88) Qualities of a Good Music Teacher | Michaela Dorrity - Academia.edu, 28.4.2014
    https://www.academia.edu/7008133/Qualities_of_a_Good_Music_Teacher

  33. Prozess gegen Musiklehrer Wilfried Sch. (60) - B.Z. – Die Stimme Berlins (bz-berlin.de)
    https://www.bz-berlin.de/archiv-artikel/prozess-gegen-musiklehrer-wilfried-sch-60

  34. #MeToo und die Klassikbranche - Missbrauch an Musikhochschulen? | deutschlandfunk.de
    https://www.deutschlandfunk.de/metoo-und-die-klassikbranche-missbrauch-an-musikhochschulen-100.html

  35. Examples of Verbal Abuse: Types of Verbal Abuse You Will Hear (verbalabusejournals.com)
    https://verbalabusejournals.com/about-abuse/what-is-verbal-abuse/examples-of-verbal-abuse/

  36. The Verbally Abusive Relationship: How to Recognize It and How to Respond von Patricia Evans, ISBN 1558503048, Adams Media, Februar 2003

  37. Anti-Trust Compliance | National Association of Teachers of Singing (nats.org)
    https://www.nats.org/Anti-Trust_Compliance.html

  38. Forscher: Sexuelle Übergriffe bei Windsbacher Knabenchor (merkur.de)
    https://www.merkur.de/bayern/forscher-sexuelle-uebergriffe-windsbacher-knabenchor-zr-1618569.html

  39. Reckahner Reflexionen herrausgegeben vom Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin; Deutsches Jugendinstitut e.V., München; MenschenRechtsZentrum an der Universität Potsdam; Rochow-Museum und Akademie für bildungsgeschichtliche und zeitdiagnostische Forschung e. V. an der Universität Potsdam
    https://paedagogische-beziehungen.eu/leitlinien/

  40. Psychische Gewalt ᐅ Definition & anzeigen? strafbar? (juraforum.de)
    https://www.juraforum.de/lexikon/psychische-gewalt

  41. Petitionen: Petition 107033 (bundestag.de): 
    Emotionaler Missbrauch bzw. psychische Gewalt als Straftatbestand vom11.02.2020
    https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2020/_02/_11/Petition_107033.nc.html#:~:text=Mit%20der%20Petition%20wird%20gefordert,bei%20einer%20rein%20k%C3%B6rperlichen%20Misshandlung.

  42. Klaus Martin Kopitz, Rainer Cadenbach (Hrsg.): Beethoven aus der Sicht seiner Zeitgenossen. München 2009, Nr. 695.





Sonntag, 25. September 2022

Musescore zum Üben für Chorsänger

 Steht ein Chorsatz also Musescore-Datei  mehrstimmig auf einer Webseite zur Verfügung, wird beim ersten Abspielen erstmal alle Stimmen gleichzeitig abgespielt. Aber es ist möglich hier auch selektiv einzelne Stimmen hervorzuheben.

Dazu muss der Synthezizer angeschaltet werden, der dich hinter dem Symbol mit den Reglern verbirgt.

Am Besten stellt man den Satz dann "Full Screen" dar. Dazu gibt es Rechts den Schalter "Fullscreen".
Nun kann man den Synthezizer nochmal öffnen und sieht die einzelnen Stimmen mit separaten Lautstärkereglern.
ACHTUNG: Sollte man auf die Instrumente nicht zugreifen können, weil man eine geringere Auflösung des Bildschirms hat, als sie beim erstellen der Screenshots zugegen war, sollte man den hier angesprochenen Schalter "Fullscreen" gleich am Anfang benutzen, und dann erst den Synthezizer anstellen.

Nun kann man sich die eigene Stimme laut stellen, und die anderen leise machen, wie hier etwa für Tenor angedeutet.

Alternativ kann man auch den Knopf "Solo" betätigen, dann wird nur diese Stimme abgespielt. Die anderen Stimmen werden lautlos gestellt. Dann könnt ihr aber auch nicht hören, wenn ihr einen Einsatz von einer anderen Stimme bekommt, und ihr vorher eine Pause habt. Also schaut Euch vorher die Note an, ob das in dem Satz benötigt wird, und wählt entsprechend.

Diese Anleitung ist für den Webbrowser beschrieben, es gibt mehrere Hinweise das es auf mobilen Endgeräten anders aussieht und vielleicht auf nicht funktioniert. (Leider habe ich natürlich nicht alle Mobile Geräte zur Verfügung.)

Solltet Ihr davon betroffen sein, kann man auch mit der mobilen Musescore App den Satz öffnen dort findet man wieder das Icon mit den Schiebereglern. Ihr solltet darauf achten den Satz von mir (User 193540) zu verwenden. Da sich die App auf den unterschiedlich Mobilplattformen aber unterschiedlich verhält, kann es sein das das auch nicht immer funktioniert.

Als finale Alternative kann man aus den Musescoredateien auch mp3-Audiodateien exportieren. Bitte wendet Euch als Chormitglied, an die bekannt Info-Adresse, damit individuell geholfen werden kann.

Freitag, 14. Januar 2022

Chormanagement 2.0 in Pandemiezeiten

 Mein Chor geriet unlängst in eine Krise. Ein Führungswechsel und die Person(en), die den größten Teil des Workloads getan und organisiert haben sind plötzlich weg und keiner wills machen. Aber was nun tun? 

In der Not schlug ich vor es mit einem an agiles Projektmanagement angelehnten Orga-Team zu versuchen und kleinteilige Aufgaben auf eine größere Anzahl von Schultern zu lasten. Und dafür die mir aus meinem Berufsumfeld als IT-Consultant bekannten Tools zu verwenden und eine Kollaborationsplattform zu bauen, die die organisatorischen Abläufe auf einer Webseite/HandyApp zentralisiert und die Leute mit Chat und Video erreichbar macht. Aufgabenkärtchen auf einem (Kanban-) Board organisiert und einfach Personen zuordenbar macht und damit Kontrolle und Verbindlichkeit in die Verfolgung der Ergebnisse zu bringen. Dafür musste aber die Zusammenarbeit nicht nur durch Corona viel digitaler werden als vorher.

Dafür habe ich unseren Verein auf dem Microsoft Non-Profit Portal (https://www.microsoft.com/de-de/nonprofits/) als gemeinnützige Organisation registriert, und einen steuerlichen Freistellungsbescheid in das Profil hochgeladen. Zwei Tage später kam das Approval, und ich konnte 10 Lizenzen Microsoft 365 Business Premium und 30 Lizenzen Microsoft 365 Business Basic meiner neuen Organisation "Langenhorner Gesangverein von 1866 e. V." kostenfrei zuordnen.


Was ist Microsoft 365?
Kurz gesagt ist es eine komplette Online-Software-Sammlung für eine effiziente Zusammenarbeit eben nicht nur im Büro. Kostenfrei sind die folgende Komponenten:
Webversionen von Word, Excel
Dateispeicherung und -freigabe mit 1 TB OneDrive-Speicher
E-Mail, Kalender und Kontakte mit einem 50-GB-Posteingang
Onlinebesprechungen, Chatnachrichten, Audio-, HD-Video- und Webkonferenzen
Microsoft Teams, ein zentraler Ort für die Teamarbeit
Intranetwebsite für Ihre Teams
Soziales Unternehmensnetzwerk für die Zusammenarbeit über Abteilungen und Standorte hinweg
Werkzeuge für das Arbeitsmanagement, die helfen, Pläne zu erstellen und Aufgaben zu organisieren, zuzuweisen und gemeinsam zu erledigen
Werkzeuge für das professionelle Erzählen von digitalen Geschichten
Maximale Anzahl Benutzer: 300

Der erste Weg führt einen dann, mit der Anleitung die man mit dem Approval zugeschickt bekommt in das Admin-Portal um User und Funktionsmailboxen einzurichten und Lizenzen zuzuordnen. Ausserdem habe ich eine Domäne hier der Organisation zugeordnet: lgv1866.de


Für unseren Verein (und nicht nur den) bietet sich das Tools Teams als die oben beschrieben Kollaborationsplattform an.


Microsoft Teams für Vereine ist das Tool von Microsoft zur effizienten Online-Zusammenarbeit. Arbeiten an Dokumenten, Online-Meeting, Chatten, Dateiaustausch, Dateiablage, Telefonanrufe, Video-Anrufe, und vieles mehr ermöglicht Microsoft Teams.

Den Teams-Client gibt es für Windows, Android, iOS, Linux und im Browser. Für Smartphones ist die Chat und Telefonfunktion geeignet, aber auch um schnell mal was nachzuschauen. Den meisten Teilnehmern habe ich die Teilnahme im Browser am PC vorgeschlagen, oftmals wird das Tool auch am Arbeitsplatz eingesetzt um hier Irritationen zu vermeiden. Im Zweifel hilft hier ein in-Privat Fenster des Browser wenn man auf bereits im Microsoft Umfeld verwendete Identitäten zurück geworfen wird. Der Edge Browser ud der Chrome Browser funktionieren gut. Im Firefox mussten wir feststellen das die Videofunktionalität nicht unterstützt wird.

Nachdem Start des Clients ist für den User die erste Hürde die Multifaktor Authentifizierung einzurichten und dazu den Microsoft Authenticator auf dem Handy zu installieren. Inzwischen ist dieses Konzept aber soweit verbreitet, das es eigentlich keine Akzeptanzprobleme gab.

Das Orga Team bekam schnell zuwachs an Kanälen in denen die Anwerbung von Projektsängern für das aktuelle Konzertprogramm bearbeitet wird. Mirgleiderbetreuung mit einem Geburtstagskalender damit die Ständchen auch zeitgerecht in den Proben abgeliefert werden, und nicht zuletzt ein Kanal in dem das Hygiene Konzept in unserem Probensaal mit der Luft- (und Aerosol-)Absauganlage unter der Decke, aber auch die Fertigung von Schildern für die Luca-App um sich zu Probe einzuchecken. Der Vorstand hat einen privaten Kanal bekommen.

Daneben gibt es ein zweites Team für den Austausch mit dem Chorleiter, in dem die Programmvorschläge und Noten ausgetauscht werden. Es ist inzwischen Tradition beim LGV das nach dem der Chorleiter das Progamm für die nächste Saison ausgerufen hat, Chorsänger Vorschläge für Chorsätze einbringen können.


Unter Beiträgen werden atuelle Themen diskutiert, unter Dateien liegt das was eben an Dateien und Listen anfällt inklusive Notensatzdateien. Im Wiki sind wir dabei die Abläufe und zu tun ist zu dokumentieren - Wissen das vor nur 1-3 Köpfen vorhanden war und wenn die weg sind funktioniert es nicht mehr. Diese Dokumentation ermöglicht erst Aufgaben mal an jemand anderen zu deligieren.
Das Info-Funktions-Postfach in dem Anfragen einlaufen ist auch direkt erreichbar und kann von mehreren Berechtigten bearbeitet. Unter Aufgaben verbirgt sich das erwähnte Kanban-Board mit den Aufgaben.

Das man damit aus dem Browser auch Videokonferenzen mit Bildschirmteilen machen kann erklärt sich von selbst. Damit ersetzt diese eine Webseite ein ganzes Sammelsurium von Tools die vorher zum Teil privat bezahlt werden mussten um für den Bedarf zu decken. Exemplarisch sei hier Zoom, Dropbox und WhatsApp genannt.
Als weiteres Option habe ich ein sogenanntes Azure Sponsoring auf dem Non-Profit Account geclaimt, was nach 3-4 Tagen bewilligt wurde.

Dabei handelt es sich um sich jährlich erneuernde $3500 aus denen man Dienste aus der Microsoft Azure Cloud benutzen kann. Die Aufstellung eines Webservices mit Wordpress aus dem Marketplace war in 10 min erledigt. Etwas länger dauerte das Exportieren der alten Webseite und wieder Einspielen 
in Azure. Es ist noch der Domänentransfer abzuschliessen, und der Vertrag beim alten Provider zu kündigen, dann sind auch diese Kosten der Webseite Geschichte. Für $3500 Jährlich könnten wir wohl 10 Webseiten aufstellen. Einige Powerapps sind derzeit im Entstehen.

Wie es gelingt die Chorsänger zu involvieren und auf diese Plattform zu bringen wird die Zeit zeigen.